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Antworten auf Fragen über Hämochromatose
Antworten auf Fragen über Hämochromatose
Vorbemerkung: Die Antworten nehmen Bezug auf den Hämochromatose-Typ 1.
– Bei mir wurde eine Hämochromatose diagnostiziert. Muss ich unbedingt Aderlässe machen lassen? Wie genau funktioniert ein Aderlass, zu welchen Komplikationen kann er führen?
Aderlässe sollten gemacht werden, wenn der Ferritinwert (=Protein im Blut, welches die Eisenspeicher widerspiegelt) im Blut über 300 µg/l bei Männern, und über 200 µg/l bei Frauen ist. Ein Aderlass ist wie Blutspenden: in der Ellenbeuge wird eine Vene angestochen und das Blut in einen Beutel abgelassen. Mögliche und vorübergehende Nebenwirkungen sind: Schwindel, Veränderungen der Herzfrequenz, Schweissausbrüche. Diese Nebenwirkungen treten infolge der Verringerung des Blutvolumens durch den Aderlass im Körper auf. Die Patienten sollen dementsprechend vor und nach dem Aderlass auf eine gute Hydrierung achten, d. h. viel Flüssigkeit zu sich nehmen und nach der Therapie keinen Ausdauer- oder Kraftsport betreiben. In den allermeisten Fällen werden die Aderlässe problemlos vertragen. Gelegentlich kann es an der Punktionsstelle am Arm zu vorübergehenden Missempfindungen, wie z. B. Ameisenlaufen oder Kribbeln kommen; Fehlpunktion der Armvene können zu Blutergüssen führen.
– Wie läuft der Hämochromatose-Gentest eigentlich genau ab und wo kann er durchgeführt werden?
Der Gentest erfolgt aus dem Blut. Dabei wird im Blut untersucht, ob die Hämochromatose-Gen (=HFE Gen) Mutation vorliegt. Der Test wird nur in grösseren Spitälern und Laboratorien durchgeführt.
– Ich habe hereditäre Hämochromatose und mache mir deswegen Sorgen um meine 5-jährige Tochter. Kann und muss ich sie schon jetzt untersuchen lassen, um sicherzustellen, ob sie ebenfalls die Krankheit hat?
Bezüglich Vererbung verweise ich auf die Rubrik URSACHEN. Wenn eine Betroffene(r) Kinder hat oder ein Kinderwunsch besteht, sollte der Partner/in auf die HFE-Genmutation untersucht werden, um die potenzielle Trägerschaft der Nachkommen abzuschätzen. Sollte eine potenzielle Veranlagung bestehen, sollten die Kinder mit circa 18 Jahren getestet und die Transferrinsättigung und das Ferritin bestimmt werden. Bis zu diesem Lebensjahr sind keine Schäden durch eine mögliche Eisenüberladung zu erwarten.
– Dürfen Patienten mit Hämochromatose Blut spenden?
Patienten, die nach der initialen Aderlasstherapie normale Ferritinwerte haben und keine bleibenden Organschäden (vor allem narbiger Leberumbau) aufweisen können Blut spenden.
– Können Patienten mit Hämochromatose mittels einer eisenarmen Ernährung auf die Aderlasstherapie verzichten?
Das überschüssige Eisen muss zuerst mittels Aderlasstherapie entfernt werden, da hilft eine eisenarme Diät nicht. Es sollte darauf geachtet werden, dass nicht exzessiv rotes Fleisch, Innereien, Vitamin C enthaltende Nahrungsergänzungen und Wein (insbesondere Weisswein) im Übermass konsumiert werden. Multivitaminpräparate mit Vitamin C und Eisen sollten nicht eingenommen werden. Eine eisenarme Diät bei Hämochromatose ist nicht empfohlen, sondern es sollte eine mediterrane Ernährungsform, eine ballaststoffreiche, fettarme, abwechslungsreiche Mischkosternährung mit wenig Fleisch und mehr Fisch erwogen werden. Die Aderlasstherapie ist so effektiv, dass damit in jedem Fall eine ausreichende Therapie zur Verfügung steht.
– Ich musste wegen hereditäre Hämochromatose um 45 Aderlässe machen, jetzt sind meine Blutwerte im Normbereich, die Gelenkschmerzen sind aber nicht verschwunden, im Gegenteil, sie sind noch stärker geworden. Konnten die Aderlässe daran schuldig sein?
Im Gegensatz zu anderen Manifestationen der Hämochromatose sprechen die Gelenkschmerzen leider wenig auf Aderlässe an. Eine Verschlechterung der Gelenkbeschwerden ist unter adäquater Therapie hingegen nicht zu erwarten.
– Verliert der Körper bei Aderlässen auch andere für den Körper wichtige Elemente?
Mit den Aderlässen gehen auch Blutproteine verloren, die aber nach Tagen wieder ersetzt werden. Es ist darauf zu achten, dass die tägliche Ernährung ausreichend Eiweisse beinhaltet. Die Neubildung von Blut benötigt daneben genügend Vitamin B12, Vitamin B6 und Folsäure, sodass ebenfalls Milchprodukte, Gemüse, Vollkornprodukte und Salate zu sich genommen werden sollten.
– Was sind die ersten Anzeichen der Erkrankung?
Leider sind die ersten Anzeichen resp. Beschwerden unspezifisch. Am häufigsten berichten die Patienten zu Beginn über eine Müdigkeit und/oder Gelenkschmerzen sowie Oberbauschmerzen. Häufig führen initial auch erhöhte Leberwerte zur Diagnose.
– Ab welchen Ferritinwert ist eine Organschädigung sehr wahrscheinlich?
Ab Ferritinwerten über 1000 µg/l muss man von einer relevanten Körpereisenüberladung ausgehen und dementsprechend sind potenzielle Organschädigungen möglich. Demnach sollten Organe wie z. B. Leber, Herz getestet und kontrolliert werden.
– Warum schadet eigentlich zu viel Eisen im Körper?
Zu viel Eisen im Gewebe führt zu Ausfällungen von zelltoxischem Eisen (Fe2+) und dadurch zur Bildung von weiteren toxischen Substanzen, welche die Zellen zerstören. Das zerstörte Gewebe wird in der Folge durch funktionsloses Narbengewebe ersetzt.
– Was ist der Unterschied zwischen Ferritin und Hämoglobin und wo sind die Normalwerte für Frauen / Männer angesetzt?
Eisen wird im Gewebe an ein Speicherprotein gebunden. Das Speicherprotein heisst Ferritin. Die Höhe des Ferritins im Blut widerspiegelt das Ausmass der Eisenspeicherung im Gewebe. Ferritinwerte von über 300 µg/l bei Männern, und von über 200 µg/l bei Frauen gelten als erhöht. Als Hämoglobin bezeichnet man den eisenhaltigen roten Blutfarbstoff in den roten Blutkörperchen. Hämoglobin ist zuständig für den Sauerstofftransport im Blut. Die Normwerte für Frauen sind 11.7-15.3 g/dl, für Männer 13.4-17.0 g/dl.
– Wie hoch ist die Lebenserwartung bei Hämochromatose?
Entscheidend für die Lebenserwartung ist, wie schwer der Organbefall ist, insbesondere ob ein Leberumbau oder ein hämochromatosebedingter Diabetes besteht. Bei Patienten mit ausgeprägter vernarbter Leber (Zirrhose) und Diabetes scheint die Lebenserwartung verkürzt zu sein. Ansonsten ist die Lebenserwartung normal.
– Ist Hämochromatose ansteckend?
Hämochromatose ist nicht ansteckend. Die Krankheit kann aber auf die Kinder weitervererbt werden.
– Gibt es die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung?
Besteht bei dem Betroffenen eine Anämie (Blutarmut) oder ein Herzmuskelschaden (Kardiomyopathie) ist eine Aderlasstherapie nicht günstig. Alternativ kann in diesen Fällen eine medikamentöse Therapie mit Eisenbindern erwogen werden. Diese Medikamente binden Eisen im Blut und im Körpergewebe und werden dann über Urin und Galle wieder ausgeschieden. Leider verursachen diese Medikamente einige Nebenwirkungen und sind nicht so effektiv wie die Aderlasstherapie.
– Ist Hämochromatose heilbar?
Zurzeit ist die Erkrankung nicht heilbar. Mittels Aderlasstherapie lässt sich die Erkrankung aber gut behandeln.
– Bedeutet überhöhter Ferritinwert immer eine Hämochromatose?
Eisen wird im Gewebe an ein Speicherprotein gebunden. Das Speicherprotein heisst Ferritin. Die Höhe des Ferritins im Blut widerspiegelt das Ausmass der Eisenspeicherung im Gewebe. Anzumerken ist jedoch, dass das Ferritin auch unabhängig von der Eisenlast bei Erkrankungen, die mit einer Entzündung (z. B. Grippe) einhergehen, erhöht sein kann. Ebenso können generell Lebererkrankungen zu einem erhöhten Ferritin führen. Bei der Interpretation der Ferritinwerte sollten demnach Entzündungs- und Leberwerte im Blut beachtet werden. Somit gibt es einige Erkrankungen, die mit erhöhten Ferritinwerten aber keiner Eisenüberladung einhergehen und somit keine Hämochromatose darstellen.
– Können die Symptome auch schon in jungen Jahren auftreten?
Der Grad der Eisenüberladung und den damit verursachten Beschwerden ist individuell sehr verschieden. Im Durchschnitt treten die Symptome ab den 30. Lebensjahren auf, bei Frauen mit Menstruation in Folge regelmässigem Blutverlust später. Gewisse „unspezifische“ Beschwerden wie Oberbauchschmerzen, Müdigkeit können aber schon früher auftreten. Patienten mit einer sehr starken Ausprägung der Erkrankung können schon ab dem 20. Lebensjahr Beschwerden haben.